Endlich Segeln

Angelo meint, an das Aufstehen um 4:30Uhr würde man sich gewöhnen! Bei mir ist das nicht der Fall, am Samstag geht es noch gut, dann von Tag zu Tag schwerer. Der Vorteil ist, dass man früh ankommt und dann den Nachmittag für allerlei Tätigkeiten nutzen kann. Am Sonntag um 5 Uhr starten wir von Glowe nach Bornholm. Ein Segelboot ist, wie der Name schon sagt, zum Segeln gebaut, was für eine Wohltat nach der Motorfahrt von Warnemünde nach Glowe. Die Pretty segelt wie auf Schienen bei fast keinem Seegang mit im Durchschnitt 7,7 Knoten bis direkt in den leeren Hafen von Hasle. Der Wind kommt aus Süd bis Südsüdost mit 4 Beaufort, stetig und ideal, ein 60 Grad Kurs, sehr angenehm. Das Wetter ist schön sonnig und mild.

Im Bereich des Windoffshoreparks „Wikinger“ werden wir per Funk angewiesen, unseren Kurs um 10 Grad auf 040° zu ändern, da wir sonst in gefährliches Gebiet geraten. Wir leisten Folge, aber den ganzen Tag verfolgen wir, dass viele Segler nicht Funk hören, nicht reagieren oder den armen Mann auf dem Arbeitsboot nicht verstehen. Er muss an den Seglern verzweifeln und am Abend völlig entnervt seine Schicht beenden. Eine Stunde vor der Ankunft brist es nochmal kräftig auf und der Strom bewirkt, dass der Kurs mehr zum Wind hingeht. Der Skipper steuert nun selbst um besser auf die Böen reagieren zu können als die Selbststeueranlage.

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In Hasle liegen wir erst mit nur einem weiteren Segelboot, am Abend kommen noch 4 Charteryachten, um uns eine Hafenkino-Vorstellung zu präsentieren. Oh je, oh je, ein Boot anzulegen ist nicht so einfach, das wissen wir aus Erfahrung. Der Hamngrill direkt vor unserem Liegeplatz ist eine Goldgrube, alle Einwohner von Hasle sind hier versammelt, um riesige Eistüten zu verputzen. Eis macht wohl glücklich, denn alle sehen so aus. Am nächsten Morgen klingelt der Handy Wecker wieder und schon segeln wir dem Sonnenaufgang entgegen. Direkt hinter der Hafeneinfahrt nehmen wir eine Leine eines Fischfähnchen mit, obwohl wir sie mit deutlichem Abstand umfahren haben, aber wir haben Glück, nichts passiert! Erst geht es gut mit dem Segeln, dann an der Spitze der Insel erwischt es uns, aus allen Richtungen strömt das Wasser zusammen und die Wellen brechen sich wild durcheinander. Die hohe Küste hält den Wind ab, so dass es besonders unangenehm ist. Es hilft nicht, ein Stückchen müssen wir motoren um aus dem Kabbelwasser heraus zu kommen. Dann setzen wir Kurs auf unsere Lieblingsfelsen Utklippan und wieder erleben wir einen tollen Tag auf dem Wasser, sonnig, warm und günstiger Wind, aber heute mehr Seegang.

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Es heisst, die Tiefwasserrinne zu passieren und es herrscht reger Berufsschiffahrtsverkehr, ein paar Seemeilen entfernt zieht die AIDA vorbei, etliche Containerschiffe und 2 Fischer. Das alte Spiel, passt es wohl, passt nicht, passt doch, aber alle weichen aus, nur einen der fischenden Fischkutter passieren wir dicht vor dem Bug, da er ein Netz hinterherzieht, in das wir nicht geraten möchten. Als die Silhouette des Felsens auftaucht, holen wir die Segel ein und hinein gehts zwischen den Felsen hindurch. Es ist traumhaft, nur ein weiteres Schiff, der Bezahlautomat ist weg, wir liegen kostenlos, dafür aber in einer Carboleneumwolke, denn das Infohäuschen, an dem letztes Jahr schon gebaut wurde ist immer noch nicht fertig. 2 „Holzwürmer“ zimmern am Innenausbau und 2 „Kleckser“ bekleckern mit großem Elan die Hütte von aussen.

Utklippan2016

Alles blüht auf dem Felsen, der Frühling ist da, riesige Grasnelkenfelder in rose, brütende Möwen, Eiderenten, die Küken führen. Von einer Eiderente werden wir zu unserer Überraschung freundlich begrüßt, wir kennen das nicht, normalerweise sind sie sehr scheu. Aber diese bettelt um Brot, das haben wir noch nie erlebt. Später eröffnen wir die Grillsaison an Bord, es gibt himmlisch braune Bratwürstchen, Tomatensalat und vino tinto. Wunderbar! Am nächsten Morgen wollen wir weiter nach Kalmar, aber unsere Glückssträhne wird abreissen und es wird Kristianopel werden, was wir noch nicht ahnen als wir zufrieden in die Koje fallen.
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