Gegen den Wind

Im Hansa Center, für uns, dank unserer GoCycles nun erreichbar, ist ein großer „echter“ schwedischer Ikea, den wir aufsuchen, um die bekannten rechteckigen blauen Taschen zu kaufen, in denen wir Krimskrams in der Backskiste verstauen wollen.

Kalmar Slott_1

Gocycle und Kalmar Slott


Wir sind seit Jahrzehnten zum ersten Mal wieder in dem schwedischen Möbelhaus und schauen uns intensiv um. Am Dienstag Nachmittag besuchen wir die Looma auf eine „fika“, ein Schelm, der Unanständiges dabei denkt!, denn auf Schwedisch ist es ein Kaffeepäuschen. Es gibt frischen, von Lotta selbst gebackenen Kuchen. Am Mittwochmorgen legen die beiden ab, um ihre Reise Richtung Portugal, mit Zwischenstop in Kopenhagen, fortzusetzen. Dort wollen sie Mads Familie bye bye sagen. Auch wir haben am Donnerstag genug von Kalmar und der Baustelle gegenüber und starten Richtung Borgholm, das wir eigentlich auslassen wollten. Geplant war, möglichst zügig in großen Schritten den Stockholmer Schärengarten zu erreichen, um dort die schöne Gegend zu erkunden. Der Plan war ohne den Wind gemacht, denn dieser weht weiterhin beständig aus Nordost. So bleibt keine Wahl, wir müssen gegen den Wind nach Öland aufkreuzen, um weiter voran zu kommen. Erst weht er kräftig und die See ist ruppig. Wir segeln mit der Arbeitsfock und gerefftem Groß. Je weiter wir den Kalmarsund herauf kommen, um so besser wird es, die Wellen nehmen ab und der Wind dreht ein bisschen östlicher, so dass wir ganz gut vorankommen.

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Borgholm in Farbe


Auch Borgholm ist eine Überraschung, denn es ist hübscher geworden dort: die Strasse und Wege vor dem Hafen sind fertiggestellt, die Rabatten bunt bepflanzt, der kleine Strand vom Hotel, zu dem auch der Hafen gehört, gesäubert und glatt gezogen. Die Fußgängerzone ist sowieso nett und beschaulich, der kleine Ort wie ausgestorben. Am nächsten Morgen gehen wir wieder auf die Kreuz, zum Nachmittag hin, soll der Wind nachlassen und mehr auf Ost drehen. Das klappt auch, es ist warm und sonnig. Erst segeln wir mit der Fock und Reff, dann nehmen wir das Reff raus. Dann landen wir auf unserer Kreuz in einer netten Bucht vor Öland mit schönem Strand, so geschützt, der Wind fast weg. Wir nehmen den Motor zur Hilfe, weiter von Öland entfernt gibt es wieder Wind. Beim nächsten Schlag landen wir vor Sandvik und der kleine Ort sieht so idyllisch aus, dass wir den Plan entwickeln, dort zu bleiben. Schon in der Einfahrt sehe ich nur Felsen, es ist eng und die Bojen zu kurz für uns. An dem Holzsteg mit der Absaugvorrichtung wäre vielleicht eine Möglichkeit gewesen, längsseits zu gehen, aber wir fühlen uns unwohl in dem engen Hafen und atmen auf, als wir wieder draussen sind! Lieber nicht!! Weiter geht’s und der Wind ist mit uns, er ist schwächer geworden und wir setzen die Genoa, die kräftig zieht, wir können immer mehr abfallen und machen nun einen langen Schlag von 18 nm Richtung Oskarshamn. Jetzt ist es weniger anstrengend, die Pretty prescht los und wir sitzen ohne Krängung gemütlich in der Sonne. Das Wasser ist glatt und wir haben die Blå Jungfrun, die sagenumwobene Insel vor Oskarshamn in Sicht. Leider ist der Wind, von einer Sekunde auf die nächste, weg und die letzten 6 Seemeilen kommt der Vorschub wieder aus dem Tank. Heute hatten wir alles, was die Pretty zu bieten hat, Fock, Genoa, Großsegel gerefft und voll, sowie den guten Yanmar, aber auch einen genußvollen Segeltag. Wir beschließen, in die Bucht Killeholmen, oh, pardon, Kiddeholmen natürlich, zu fahren und dort hoffentlich einen romantischen Abend mit BBQ zu verbringen. Die Begegnung mit den Steinen im letzten Jahr wirkt noch nach: wir motoren in Zeitlupe durch die Einfahrt. Dann wird es tief und wir werden entspannter.
Kiddeholmen2016

Kiddeholmen mit Blick auf Blå Jungfrun


Die einzige ausliegende Boje SXK ist unberechtigterweise rasch gepickt und unser Wunsch geht in Erfüllung, wir verbringen den windstillen Abend und die Nacht ganz allein in der idyllischen Bucht. Die Schären sind hier noch flach, es ist sehr ruhig und wir lauschen dem Vogelgezwitscher. Auch das Frühstück schaffen wir noch unter dem Bimini im Cockpit, dann sind wir von schwarzen Wolken umzingelt. Es wird nicht so schlimm, das Gewitter zieht auf’s Wasser ab und es gibt nur ein paar Tropfen. Wir nutzen die Zeit, Angelo repariert die manuelle Pumptoilette im Vorschiff, vor deren Ventil ein kleiner Fisch angesaugt wurde und Suizid begangen hat und ich schreibe diesen Bericht.
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