Ein schwarzer Sonntag

In Kolnäsviken liegen wir sehr geschützt, machen einen Spaziergang nach Brevik, wo der Kaufmann, den es hier mal gab, leider geschlossen ist. Die Straße ist breit hier und es fahren relativ viele Autos, Ornö ist eine große Insel. Abends erleben wir den spannenden Fußball Krimi, als Deutschland die Italiener rauskickt.

Kolnläsviken, Ornö

Kolnläsviken, Ornö

Am nächsten Morgen geht’s mal wieder ‚motorsegelnd‘ da zu wenig Wind, nach Nynäshamn, wo wir zuerst tanken. Wir legen uns an den großen Betonaußenpier, vor eine holländische Motoryacht und plaudern eine Weile mit den Besitzern, herlijk op Nederlands. Dann genehmigen wir uns ein spätes Frühstück, gehen duschen und einkaufen, denn im Kühlschrank herrscht gähnende Leere. Hier in Nynäshamn ist ordentlich Betrieb, viele Menschen warten auf die Fähre, oder verbringen einen Tag im Hafen. Unser schöner Plan, nach Visby auf Gotland zu segeln, löst sich ins Nichts auf, obwohl der Wind gut passen würde. Ein Blick auf die Webcam zeigt einen übervollen Hafen, keine Chance, dort ein freies Plätzchen zu finden. Nachforschungen ergeben, dass dort gerade jetzt die Almedalenwoche stattfindet, eine irgendwie politische Veranstaltung, die jedes Jahr dort abgehalten wird. Wir sind sehr enttäuscht! Nun denn, neue Ziele werden sich ergeben! Im Pelle P. Laden, der nun zur ‚Högsäsong‘ geöffnet ist, erstehe ich eine Bermuda, leider in L, weil sonst der dicke Popo nicht reinpasst. Aber ich halte es mit Susanne Fröhlich: “ morgen bin ich tot und wäre es nicht furchtbar, am Abend vorher zu sagen, danke, für mich keinen Nachtisch“! Wir essen lecker an Bord und machen es uns gemütlich.

AP1030050

am Betonschwimmsteg

Um kurz vor 22 Uhr wollen wir den Wallander Krimi im TV ansehen, als unangenehme hohe Wellen in den Hafen rauschen. Angelo stürzt von Bord, ich bleibe im Schiff und versuche Gläser, Flaschen, Schubladen und mich selbst irgendwie festzuhalten. Aufgrund des Schwells, Wellen bis 1 m Höhe, schaukelt sich die Pretty auf und knallt immer wieder an den Steg, mal ist die Scheuerleiste in Steghöhe, mal das Unterwasserschiff, das Schiff macht 30°Krängung nach Bb und dann wieder nach Stb und die Fender liegen mal auf dem Wasser, mal auf den Steg. Ich habe Angst wie noch nie in meinem Seglerleben! Draußen versuchen Angelo und der holländische Skipper, die Pretty vom Steg abzuhalten, ich habe den Eindruck, dass die ganze Steuerbordseite komplett zerstört sein muss, so hört es sich an, wenn unser Boot auf den Betonsteg knallt, das Geräusch geht durch Mark und Bein. Ein Glas geht scheppernd zu Bruch, eine Flasche knallt auf den Boden, dann ist der Spuk vorbei. Ich springe raus auf den Steg, die Pretty hat Schaden genommen, aber nicht so schlimm wie befürchtet. Die beiden auf dem Steg stehen unter Schock und lecken ihre Wunden; morgen wird ihnen alles weh tun. Der Mast war so in Schwingung geraten, erzählen sie, dass sie um ihn gefürchtet hätten. So etwas haben wir noch nie erlebt!! Der Steg hat regelrecht aufrecht in der Luft gestanden! Ein Verursacher war nicht auszumachen, unser Vertrauen ist zutiefst erschüttert, wir legen um an den hinteren Steg, der dort einen Knick macht. Da kommen die Wellen dann von vorn, das kann ein Schiff besser verkraften. Als ich in die Koje falle, zittere ich am ganzen Körper, die Nacht wird kurz und schlaflos. Am nächsten Morgen legen wir noch betrübt ab, dann beschließen wir, das Erlebte ad acta zu legen, denn man kann es nicht ändern, wohl aber reparieren, wir wollen den schönen Segeltag vor uns genießen. Das tun wir auch, wir segeln bei Sonnenschein und hoch am Wind nach Arkösund. Es läuft gut, fast den ganzen Weg können wir prima segeln, dann müssen wir ein paar Meilen motoren, das letzte Stück in die Schären segeln wir wieder. Schon vor dem Hafen kommt uns eine blonde Schwedin im Gummiboot abholen und weist uns ein. Ein hübscher junger Mann und sie legen unser Boot an einem geschützten Steg an, prima Service!

1arkösund1

Marina Arkösund

Der kleine Ort bietet alles, was man sich wünscht und der Hafen füllt sich am Abend. Wir machen ‚ficka‘ mit Kaffee und Kanelbulle in der Sonne. Dann gibt es einen Schauer, der rasch vorüber ist. Angelo inspiziert nun in Ruhe den Schaden: die Außenhaut ist an mehreren Stellen beschädigt, nach Demontage der Verblendungen und Möbeleinbauten scheint im Innern des Rumpfes aber alles heil geblieben zu sein. Nun sind wir beruhigt und können uns den Freuden des Lebens widmen.

1arkösund

im Ortskern

Am Abend gehen wir auf einer gemütlichen Terrasse Pizza und Fish&Chips essen. Schön hier in Arkösund, kann man durchaus weiter empfehlen. Dann wieder früh weiter nach Spårö, Katsholmen. Die schöne Bucht kennen wir schon, leider ist das Wetter nicht ganz so schön wie erhofft. Wir können aber lecker grillen, nur eine kleine schwedische Yacht legt am Felsen an, ansonsten sind wir allein unter dem Leuchtturm. Hier ist es unglaublich geschützt, der Wind dreht in der Nacht von SW auf NW, am Morgen haben wir uns vor Anker einmal herumgedreht und Regen hat eingesetzt. Der soll am Mittag herübergezogen sein, es scheint uns auch, als ob es heller wird und wir lichten den Anker.

1Sparö

der Skipper im Regen

Wir motoren durch den engen Sund zwischen Grönö und Spårö aber der Regen hört nicht auf. Eine schwarze Front folgt der anderen, der Wind weht gut von Nordost. Die Wellen außerhalb der Schären sind hoch und schütteln uns ordentlich durch. Wir reffen und landen schließlich nur bei der Arbeitsfock, das funktioniert aber nicht, das Boot tanzt ohne Groß in den Wellen; also versuchen wir es nur mit dem gerefften Groß. Mittlerweile kommt der Wind mit 6 Bft. von achtern, der Skipper setzt einen improvisierten Bullenstander. Die Wellen schlagen wunderbar unter das Gummiboot und heben es regelrecht hoch. Der Regen hört nicht auf und wir ziehen uns tief unter die Sprayhood zurück, dann lässt der Wind nach und dreht auf Nordwest, da wir nun immer mehr unter den Schutz vom Land segeln, nehmen die Wellen auch ab. Eigentlich wollten wir in die Bucht Kiddeholmen gehen, aber bei der Dünung erscheint es uns zu riskant, die Felsen in der Einfahrt zu passieren.

1P1020757

Panaorama Oskarshamn

Plan B: Oskarshamn. Am langen Steg dort liegen viele kleinere Boote, kein Platz für uns, alle Heckbojen zu kurz. Wir wollen abdrehen und nach Ernemar fahren, aber der junge Hafenmeister Rasmus will uns unbedingt in seinem Hafen, „er macht Platz“. Die Schiffe werden ins Päckchen gelegt und saugend rutschen wir in die entstandene Lücke, unser Beiboot liegt fast auf dem Steg. Der Skipper, der Platz gemacht hat, sucht das Gespräch mit Angelo, das fast eine Stunde dauert, so begeistert ist er von der Pretty. Das Abendessen ist fast fertig, als die Beiden ausgequatscht haben. Am nächsten Tag soll es viel Sonne geben und der Wind soll aus dem Westen wehen, ein guter Tag um nach Kalmar zu segeln.
__/)__