Skandinavienhoch

In Kalmar haben wir hochsommerliches Wetter, ohne Bimini kann man im Cockpit nicht sitzen. Ein dickes Hochdruckgebiet liegt im Norden Skandinaviens, bringt uns Wärme und wenig Wind, meist aus östlichen Richtungen. Die Pretty liegt längsseits, direkt vor dem Einkaufszentrum Baronen und den neuen Sanitäranlagen, nett beschriftet mit „Fräulein“ und „Herr“. Wir fallen vom Schiff direkt in die Dusche, ganz praktisch bei dem warmen Wetter. Am Sonntagnachmittag beginnt die Völkerwanderung im Hafen, Scharen von Urlaubern und Sonntagsspaziergängern wandeln eislutschend an uns vorbei. Einige sprechen uns an: „könnte schlechter gehn“; “ kann man gerade so aushalten“; viele Deutsche sind darunter. Andere schielen nur auf unseren gekühlten Aperol Sprizz.

Kalmar-Havne
Kalmar Ölandshamnen

Am Montag gehen wir bummeln und kaufen uns neue Tassen mit Elchen darauf, als Erinnerung an unseren Schwedensommer. Früh am Dienstagmorgen, um 7:30 Uhr legen wir, mit frischen Brötchen in der Pantry, ab, um Richtung Utklippan zu segeln. Daraus wird nichts, der Wind kommt aus NO bis O, schwach und achterlich, also aus dem Tank. Angelo packt den Blister aus und rödelt fast eine Stunde bis dieser gesetzt ist; das Vergnügen währt eine knappe halbe Stunde, dann dreht der Wind vorlicher, von O auf NO, und der Leichtwinder verschwindet wieder in der Segellast. Es ist bedeckt, aber warm und den ganzen 50 Seemeilen langen Weg geht das grausame Spiel, Segel raus, Segel rein, Motor an, Motor aus. Als wir endlich in Utklippan einlaufen, sind alle Plätze an der Kaimauer belegt, Gott sei Dank liegen alle Schiffe sehr großzügig auseinander, so dass keiner mehr Platz findet, gute Seemannschaft sieht anders aus.

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Utklippan „Felsen im Wasser“

So gehen wir längsseits an eine Najad mit einem deutsch-englischen Seglerpaar. Die beiden sind unglaublich freundlich und wir sind begeistert, als wir erfahren, dass der Skipper 84 Jahre zählt! Davon träumen wir auch: in diesem hohen Alter noch gemeinsam unterwegs sein zu können, einfach wunderbar! Die beiden kommen aus Erlangen, liegen in Augustenborg und fahren noch mit dem Auto von dort die 800 Kilometer nach Hause. So fit muss man bleiben.

Utklippan-3
Utklippan im Päckchen

Nach dem Aufklaren der Pretty kommt noch die Sonne raus und wir grillen uns Bratwürstchen und genehmigen uns ein Gläschen Vino Tinto. Früh geht es in die Koje, denn die Engländer wollen um 5 Uhr los, wir dann auch. Der nächste Tag wird einer der furchtbarsten überhaupt: noch weniger Wind, unangenehmer Seegang, Algenteppiche, so weit das Auge reicht, Mücken und kleine schwarze Fliegen, die schön kleben, weil es auch noch 2 Regenschauer gibt. In der Ferne beobachten wir wieder fiesen grauen Seenebel, aber wir bleiben davon glücklicherweise verschont. Wir queren den Tiefwasserweg, einige große Schiffe fahren dort, kommen uns aber nicht zu nah. Ein riesiger Kreuzfahrer mit 1040 Fuß Länge passiert in einiger Entfernung. Einige Male versuchen wir zu segeln, klappt immer nur für ein Paar Minuten, dann dreht der Wind wieder zu achterlich auf Ost und wir machen wenig Fahrt, Diesel wieder an. Wir sind recht entnervt und Petrus hat endlich ein Einsehen: die letzten 12 der 50 Seemeilen können wir mit halbem Wind segeln, was uns ein bisschen entschädigt. Bei Sonne laufen wir im Hafen von Allinge ein und ein Plätzchen an der Mauer direkt vor dem Havngrill ist auch noch frei.

Allinge
Allinge

Urlauber schauen zu, wie wir anlegen, immer dankbar, etwas Interessantes zu sehen. Viele polnische Charteryachten liegen im Hafen, eine läuft ein und will vor uns an der Mauer anlegen. Glück gehört auch dazu, um Haares Breite kommen sie an unserem Anker vorbei. Dem Skipper stehen die Haare zu Berge, das hätte schön geknallt! Am Abend genießen wir handgemachte Fiskefrikadeller aus der kleinen Fiskerögeri mit Kartoffelpüree, Röstzwiebeln und Gurka, sehr gut! Die Nacht wird ruhig, wir schlafen mal aus und lassen uns Zeit bei einem feinen Frühstück mit frischen Brötchen aus der Konditorei gleich am Hafen. Der Skipper assistiert der polnischen Yacht beim Ablegen, sie hatten vergessen beim Ablegen die Achterleine zu lösen. Dann geht es für uns entlang der herrlichen Küste Bornholms bei Florida Wetter nach Hasle, denn es soll in den nächsten Tagen kräftiger Wind aus Ost kommen und dort liegen wir dann sehr geschützt in Lee.

Küste Bornholm
Westküste Bornholm

In Anbetracht der letzten beiden Tage haben wir beschlossen, unsere Reise erst fortzusetzen, wenn der Wind passt, vom Dieselgeräusch haben wir erstmal genug. Es ist erst Mitte August, genug Zeit und es gibt Schlimmeres als auf der fantastischen Insel Bornholm eingeweht zu werden…..
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