Nachttörn Bornholm-Rügen

Angelo studiert die Wettervorhersagen, rechnet und plant. Nach Ystad, rappelvoll dort, und dann?? Tagelang dort ausharren müssen?? Nach Klintholm?? Dann kein Weiterkommen? Keine verlockenden Aussichten. Noch länger auf Bornholm bleiben, auch keine Lust mehr. Es gibt nur ein kurzes Zeitfenster, für den Dienstag sind schwere Gewitter angekündigt, da möchten wir auf keinen Fall hineingeraten. Um 20 Uhr legen wir in Hasle ab, fast ein bisschen wehmütig, denn der Montag war einfach nur herrlich, sonnig, warm, tiefblauer Himmel. Überall sitzen die Menschen beim Grill, an der Sauna, essen Eis als wir hinausfahren. Wir setzen die Segel und sind erstaunt über den guten Wind, im Hafen hat man davon nichts gespürt. Die Pretty läuft mit Vollzeug am Wind über 8 Knoten, zu schnell für unsere Planung. Aber wir wissen nicht, ob der Wind die ganzen 57 Seemeilen durchhalten wird, also mitnehmen was geht!

Sonnenuntergang

Sonnenuntergang vor Bornholm

Kurz nach 21 Uhr geht die Sonne rot im Meer unter, leider verdeckt von einem breiten Wolkenband. Richtig dunkel wird es noch lange nicht, die halbe Sichel des Mondes scheint hell vor dem Bug. So rauschen wir weiter, die See ist ruhig und der Strom geht mit, wir sind schnell, zu schnell! Zwei Stunden später segeln wir 60 Grad am Wind, der Wind weht mit 4 Bft. aus SO bis Süd. Ein Fischkutter ist auf der Kreuz, wir sehen ihn auf dem Plotter und suchen den Horizont ab. Dann haben wir ihn ausgemacht, reffen die Genoa um auf jeden Fall genug Abstand zu haben. Der Kutter passiert in reichlich Entfernung mit 8 Knoten Fahrt, bei der Geschwindigkeit kann er bestimmt nicht fischen. Sobald er vorbei ist, verlangsamt er die Fahrt und wir denken, dass er nun fischt. Wahrscheinlich wollte er rasch an uns vorbei, er sieht uns wie wir ihn auch auf dem AIS. Weiter geht unsere Fahrt, um Mitternacht ist es nun stockdunkel, der Mond ist hinter Wolken verschwunden. Es ist eine milde Nacht, garnicht kalt, aber feucht, alles ist klamm, der Skipper schlüpft in die Ölzeughose, um nicht kalt zu werden. In der Ferne blinken die roten Lichter der Windmühlen des Windparks Wikinger. Wieder kreuzt ein Schiff unseren Kurs, die Baltivia, eine polnische Autofähre auf dem Weg nach Danzig. Wir können sehen, dass es passt, da sie doppelt so schnell ist wie wir, kommen wir uns nicht zu nah. Sie ist hell beleuchtet und wir schauen hinterher, wie sie in der Nacht verschwindet. Der Seegang nimmt zu, der Strom kommt nun von vorne, der Wind hält durch und bläst mit 4-5 Windstärken aus SSO, wir sind zu schnell! Wir rollen die Genoa ein und setzen die Fock, nun segeln wir aufrechter, aber nicht langsamer, unser Navigationssystem rechnet aus, dass wir so im Dunklen Glowe erreichen werden. Wir planen nicht, im Dunklen in die Einfahrt zu fahren, noch im dunkelnden Hafen nach einem Liegeplatz zu suchen. Nach der Wettervorhersage soll der Wind in der Nacht einschlafen, was er aber wohl nicht weiss. Nachdem wir den Windpark hinter uns gelassen haben, holen wir das Grosssegel ein. Es geht nicht, nur mit der Fock zu segeln, zu wenig Vortrieb, wir schaukeln in den Wellen. Also Fock eingerollt, Genoa ausgerollt. Das geht gut, wir segeln mit 5 Knoten. Danach wären unsere Ankunft um 5 Uhr, das passt. Wieder sehen wir ein Schiff auf Kollisionskurs, ein richtig grosses, wie die Lichterführung zeigt. Es sollte vorbei sein wenn wir den Wegpunkt erreichen, es ist ein russischer Tanker. Wir sehen ihn von schräg hinten und er verlangsamt die Fahrt als wir dahinter durchgehen. Er kommt uns sehr nah vor, was natürlich täuscht, er ist mehrere Seemeilen entfernt. Wir denken darüber nach, welch ein schwieriges Unterfangen muss es in der Seefahrt früher gewesen sein, ohne elektronische Hilfsmittel. Nachts die Lichter, die Entfernungen auszumachen ist nicht einfach, aber sicherlich bekommt man mit der Zeit auch Erfahrung darin. Das Leuchtfeuer von Kap Arkona ist weit sichtbar, schon 30 Seemeilen entfernt sehen wir das blinkende Licht. Dass wir die ganze Nacht so gut segeln können, hätten wir nicht zu hoffen gewagt, erst vier Seemeilen vor Glowe in der Tromper Wiek, dreht Rasmus den Schalter aus, von einer Sekunde auf die andere ist der Wind weg. Dann kommt er für eine Viertelstunde zurück aus NW, wir nehmen die Genoa auf den Backbordbug. Dann ist Schluss, die letzten Seemeilen hätte er nun doch durchhalten können! Der Diesel geht an, langsam dämmert es, wir bereiten die Pretty auf das Hafenmanöver vor und hoffen, dass eine der wenigen breiten Boxen frei ist. Meist liegen dort kleine Schiffchen drin, die vom Hafenmeister nicht aufgefordert werden, sich eine passende Box zu suchen. Das kennen wir schon.

Sonnenaufgang Glowe

Sonnenaufgang in Glowe

So laufen wir um 5 Uhr in Glowe ein und tatsächlich sind zwei passende Boxen leer. Leise festgemacht, ein leckerer Kaffee weckt die Lebensgeister und um 6:15 Uhr schlendern wir zum Bäcker, um knusprige deutsche Brötchen zu kaufen. Hat prima geklappt, alles richtig gemacht, am Dienstag ist der Wind so schwach, es wäre schrecklich gewesen, 57 Seemeilen mit Wind aus dem Tank zurücklegen zu müssen. Die fehlende Nachtruhe steckt uns noch zwei tagelang in den Knochen, am Dienstagabend liegen wir um 21 Uhr in der Koje.

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